Immer mehr Frauen werden mit Endometriose diagnostiziert. Eine chronische Erkrankung, bei der sich sogenannte Endometriose-Herde außerhalb der Gebärmutter ansiedeln und erhebliche Schmerzen verursachen können. Bisher gilt die Operation als Hauptbehandlungsoption, um diese Schmerz-verursachenden Herden zu entfernen. Doch eine OP ist nicht immer die beste Lösung. Kann man Endometriose-Beschwerden auch ohne Operation erfolgreich behandeln? Dieser Artikel zeigt, warum operative Eingriffe bei Endometriose oft mit Risiken verbunden sind und welche wirksamen Alternativen es zur OP gibt.
Endometriose-Verdacht: Wie viele Frauen haben Endometriose?
Die Diagnose von Endometriose ist oft schwierig und langwierig. Viele Frauen suchen jahrelang nach einer Erklärung für ihre teils erheblichen Beschwerden, da Symptome wie PMS-artige Unterleibsschmerzen unspezifisch sind und nicht selten als „normal“ abgetan werden. So vergehen, wie das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erklärt, im Durchschnitt mehrere Jahre, bis eine gesicherte Diagnose gestellt wird. Die Zahl der offiziell diagnostizierten Betroffenen steigt jedoch kontinuierlich an. So berichtete das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi), dass im Jahr 2022 bei knapp 340.000 von mehr als 35 Millionen gesetzlich versicherten Frauen und Mädchen in Deutschland eine Endometriose-Diagnose dokumentiert wurde. Im Vergleich zu den Zahlen zehn Jahre zuvor bedeutet das einen Anstieg um rund 65 Prozent.
„Die Ergebnisse unserer Auswertungen deuten darauf hin, dass Endometriose im vertragsärztlichen Bereich in den letzten Jahren verstärkt diagnostiziert worden ist“, so der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried. Doch auch diese Zahlen zeigen nur einen Bruchteil des wahren Ausmaßes. Experten gehen von einer erheblichen Dunkelziffer aus. Die Deutsche Schmerzgesellschaft schätzt etwa die Zahl der Betroffenen in Deutschland auf rund zwei Millionen Frauen. Andere Quellen sprechen sogar von bis zu sieben Millionen. Weltweit geht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) von über 190 Millionen Betroffenen aus.
Endometriose-Behandlung: Wie gefährlich ist eine Operation?
Die Entscheidung gegen eine operative Behandlung bei Endometriose wird immer häufiger getroffen. Und das aus guten Gründen. Zwar können bei einer Operation die Endometriose-Herden häufig entfernt werden. Doch dieser Eingriff ist, wie das IQWiG erklärt, oft keine langfristige Lösung. Denn bei vielen Betroffenen bilden sich nach einiger Zeit erneut Herde, sodass ein ewiger Kreislauf aus wiederholten OPs entstehen kann. Zudem ist eine Operation mit Risiken verbunden:
- Verletzungen von Organen wie Darm oder Blase
- Infektionen
- Schwere Blutungen
Diese sind jedoch relativ selten und kommen nur bei etwa einer von 100 Frauen vor. Dazu führt eine Operation aber auch nicht bei jeder Frau zu einer nachhaltigen Schmerzlinderung. Laut IQWiG profitieren rund 72 von 100 Frauen nach dem Eingriff. Doch der Erfolg hängt stark von der Lage und dem Ausmaß der Herde ab, sowie davon, wie sehr die Beschwerden den Alltag einschränken.
Behandlung: Welche nicht operative Maßnahmen helfen bei Endometriose?
Eine Heilung für Endometriose gibt es zwar, wie das IQWiG betont, bisher nicht. Aber es stehen zahlreiche Maßnahmen zur Verfügung, um die Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Diese nicht operativen Behandlungsmöglichkeiten können Endometriose lindern:
- Schmerzmittel
- Hormonelle Therapie
- Ernährungsumstellung
- Bewegung und Stressreduktion
- Weitere Behandlungsmöglichkeiten
Schmerzmittel
Viele Frauen greifen zur Linderung der Beschwerden auf klassische Schmerzmittel zurück. Das IQWiG empfiehlt dabei vor allem Mittel aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), wie Ibuprofen oder Diclofenac. Diese können typische Regelschmerzen effektiv mindern, sind aber speziell bei Endometriose bisher nicht abschließend untersucht. Da bei Endometriose jedoch häufig eine regelmäßige Schmerzbehandlung notwendig ist, sind Schmerzmittel weniger sinnvoll. Diese können nämlich bei längerer Einnahme Nebenwirkungen, wie Magenprobleme, auslösen.
Hormonelle Therapie
Die Hormontherapie ist laut IQWiG die am häufigsten eingesetzte nicht operative Behandlungsform. Ziel ist es, den Östrogenspiegel zu senken, um das Wachstum der Endometriose-Herde zu bremsen und die Beschwerden zu lindern. Eingesetzt werden dazu beispielsweise Gestagene, GnRH-Agonisten oder -Antagonisten sowie hormonelle Verhütungsmittel wie die Pille oder Hormonspirale. GnRH-Agonisten können jedoch Nebenwirkungen, wie Hitzewallungen und Schlafstörungen, verursachen. Diese typischen Wechseljahresbeschwerden entstehen aufgrund der starken Senkung des Östrogenspiegels. Diese führt häufig zu einem regelrechten Östrogenmangel einschließlich der genannten Symptome.
Ernährungsumstellung
Auch eine gezielte Ernährung kann schon helfen, Entzündungen zu reduzieren und Beschwerden zu lindern. Die Universitätsmedizin Mainz empfiehlt besonders folgende Lebensmittel in die Ernährung einzubauen:
- Ungesättigte Fettsäuren wie Leinöl, Olivenöl oder Walnussöl
- Nüsse wie Walnüsse, Kürbiskerne oder Sonnenblumenkerne
- Samen wie Leinsamen oder Sesam
- Meeresfische, wie Lachs, Thunfisch oder Sardellen
- Weißes Fleisch wie Huhn oder Pute
- Sojaprodukte
- Antioxidantien aus frischem Obst und Gemüse
- Magnesiumreiche Lebensmittel wie Weizenkleie, Quinoa oder Trockenfrüchte
- Tryptophanhaltige Nahrungsmittel wie Sojabohnen, Cashewkerne oder Kakao
Verzichtet werden sollte nach Empfehlung auf:
- Frittiertes Essen
- Rotes Fleisch
- Milchprodukte
- Koffein, Alkohol und Nikotin
Bewegung und Stressreduktion
Neben einer bewussten Ernährung können auch regelmäßige Bewegung und Methoden zum Stressabbau Schmerzen und Beschwerden deutlich verringern. Die Universitätsmedizin Mainz rät zu Entspannungstechniken wie autogenem Training, Yoga oder Pilates, um das allgemeine Wohlbefinden nachhaltig zu steigern.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten
Das Universitätsspital Zürich verweist auf eine Vielzahl weiterer Behandlungsmöglichkeiten, die individuell auf die Bedürfnisse der Patientinnen abgestimmt werden sollten. Denn viele Frauen mit Endometriose leiden nicht nur unter chronischen Schmerzen, sondern auch unter eingeschränkter Fruchtbarkeit. Für diese kann eine Kinderwunschbehandlung eine zentrale Rolle in der Therapie einnehmen. Auch Beckenbodenschmerzen lassen sich etwa durch spezialisierte Physiotherapie behandeln. Ebenso gehören spezialisierte Schmerztherapien sowie komplementärmedizinische Ansätze zum therapeutischen Spektrum. Neben klassischen schulmedizinischen Verfahren können unterstützende pflanzliche Präparate oder Anwendungen aus der traditionellen chinesischen Medizin zum Einsatz kommen. Die Universitätsmedizin Mainz empfiehlt eine Reihe von pflanzlichen Heilmitteln, die bei Endometriose unterstützend eingesetzt werden können:
- Himbeerblätter
- Frauenmantel
- Schafgarbe
- Melisse
- Gänsefingerkraut
- Zaubernuss
- Ocotillo
- Xanthoxylon
- Baldrian
- Wilde Yamswurzel
- Schneeball
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