Schon wieder ein Blähbauch und Völlegefühl – und das, obwohl kaum etwas gegessen wurde? Häufig wird die Ernährung als Ursache vermutet, doch tatsächlich können auch unsere Hormone eine entscheidende Rolle spielen. Denn Darm und Hormone stehen in einem komplexen Wechselspiel, das maßgeblich unser Wohlbefinden beeinflusst. Doch wie genau funktioniert dieses Zusammenspiel? Und warum ist eine gesunde Darmflora so entscheidend für die hormonelle Balance? Dieser Artikel zeigt, wie die Darmgesundheit mit den Hormonen zusammenhängt, welche Faktoren diese beeinflussen können und welche Lebensmittel helfen können, die Darmgesundheit wieder herzustellen.
Was ist die Darmgesundheit?
In unserem Darm leben über 100 Billionen Bakterien. Das übersteigt laut der Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FET) sogar die Anzahl unserer eigenen Körperzellen. Damit tragen wir, wie das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) es treffend beschreibt, unseren „ganz eigenen Zoo“ in uns.
Der Darm ist also weit mehr als ein reines Verdauungsorgan: Er beherbergt das sogenannte Mikrobiom, also die Gesamtheit aller Mikroorganismen wie Bakterien, Viren und Pilze, die unseren Darm besiedeln. Die meisten dieser Mikroben sind, wie die FET erklärt, Bakterien, die vor allem im Dickdarm leben und dort zentrale Aufgaben übernehmen: Sie helfen bei der Verdauung, produzieren Vitamine und Enzyme, schützen vor Krankheitserregern und unterstützen das Immunsystem.
Warum ist die Darmgesundheit so wichtig?
Eine gesunde Darmflora besteht aus einer Vielzahl „guter“ Bakterien, die uns laut FET vor Krankheitserregern schützen können. Ist das Mikrobiom aus dem Gleichgewicht, kann das unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit beeinträchtigen: Mögliche Folgen sind laut FET Verdauungsprobleme, Infektionen oder sogar chronische Entzündungen. Die Grundlage für ein gesundes Mikrobiom ist vor allem eine ballaststoffreiche Ernährung, wie das HZI betont. Die sogenannten Probiotika füttern nämlich die guten Bakterien und können so das Gleichgewicht im Darm unterstützen.
Wie hängen Darmgesundheit und Hormone zusammen?
Plötzlicher Blähbauch, Stimmungsschwankungen oder Zyklusunregelmäßigkeiten? Viele kennen diese Beschwerden. Doch nur wenige vermuten dahinter das Zusammenspiel von Darm und Hormonen. Doch wie genau hängen Darmgesundheit und Hormonhaushalt zusammen? Wer steuert wen? Tatsächlich kann der Darm die Hormone steuern und umgekehrt.
So steuern Darmbakterien die Hormone:
- Der Darm kann verschiedene Hormone produzieren, darunter das Wohlfühlhormon Serotonin. Laut dem Systembiologen Paul Hammer wird sogar 90 Prozent des körpereigenen Serotonins im Darm gebildet. Ein Ungleichgewicht der Darmflora kann diese Produktion stören und damit nicht nur die Stimmung, sondern auch das Hungergefühl beeinflussen.
- Darmbakterien können Hormone auch direkt beeinflussen. Die Mikrobiomforscherin Melanie Schirmer von der technischen Universität in München erklärt, dass ein Ungleichgewicht im Mikrobiom die Aktivität eines bestimmten Enzyms, das sogenannte ß-Glucuronidase verändert und so zu hormonellen Erkrankungen wie Endometriose, PCOS oder sogar Brustkrebs führen kann. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie bestätigt: Besonders PCOS steht im Zusammenhang mit einer veränderten Darmflora: „Wir gehen aufgrund unserer Studienergebnisse davon aus, dass die Zusammensetzung des Mikrobioms auch einen Einfluss auf unsere Geschlechtshormone und ihre Funktion hat“, so Obermayer-Pietsch von der österreichischen Gesellschaft für Endokrinologie.
- Mikroben im Darm können zudem Stoffe herstellen, die mit unseren Hormonen interagieren und so deren Wirkung im Körper verändern können. Das Mikrobiom produziert laut Schirmer beispielsweise kurzkettige Fettsäuren, die sogenannten SCFAs. Diese können zwischen dem Gehirn und der Hormonproduktion vermitteln.
So steuern Hormone den Darm:
- Geschlechtshormone wie Östrogen sorgen dem Frauenarzt Johannes Huber zufolge dafür, dass genügend Zucker im Darm vorhanden ist, der den „guten“ Bakterien als Nahrung dient. Diese Bakterien produzieren daraus Milchsäure, die wiederum die Scheide und den Darm vor schädlichen Keimen schützen kann.
- Östrogene können laut Schirmer auch die Darmmotilität und Darmempfindlichkeit beeinflussen.
- Eine aktuelle Studie unter Leitung des Sexualexperten Johannes Fuß von der Universität Duisburg-Essen zeigt erstmals, wie stark eine geschlechtsangleichende Hormontherapie das Darmmikrobiom von Transpersonen verändert. Forschende analysierten Stuhlproben von Transpersonen vor und nach einer Hormontherapie und fanden heraus, dass die Hormone nicht nur die Geschlechtsmerkmale beeinflussten, sondern auch die Zusammensetzung und Funktion der Darmflora veränderten: „Diese Veränderungen könnten bei Transmännern langfristig zu steigenden Gesundheitsproblemen führen, während Gesundheitsrisiken bei Transfrauen möglicherweise sinken.“, erklärt Fuß. Gesundheitsprobleme, wie ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, nahmen besonders bei Transmännern zu, da sich während der Therapie bestimmte Bakterien vermehrten, die Entzündungen fördern können.
Wie kann ich meinen Darm gesund halten?
Um die Darmflora wieder aufzubauen, spielt besonders die Ernährung eine entscheidende Rolle. Die FET empfiehlt eine ballaststoffreiche und fermentierte Ernährung, da sie das Wachstum nützlicher Darmbakterien fördern und das Mikrobiom stabilisieren kann. Besonders hilfreich sind Präbiotika mit Inhaltsstoffen, wie Inulin und Oligofruktose, sowie Polyphenole aus pflanzlichen Lebensmitteln wie Beeren, Äpfeln oder Zwiebeln.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden